Udo Walz

„Für Diabetes muss man sich nicht schämen“

„Für Diabetes muss man sich nicht schämen“


Udo Walz

Mit seinem offenen Umgang mit seiner Krankheit ist der Coiffeur Udo Walz ein Vorbild für andere Diabetiker. Als prominenter Betroffener steht er zur Verfügung, wenn es um Aufklärung rund um das Thema geht. So war er zum Beispiel vor zwei Jahren Testimonial der Kampagne zur Diabetes-Dunkelziffer, die unter anderem von der Deutschen Diabetes-Hilfe initiiert wurde. 

Was ist Ihrer Meinung nach die Kernbotschaft, mit der Menschen mit Diabetes erreicht werden sollten, um ihnen Mut zu machen?

Nach wie vor schämen sich noch viele Menschen mit Diabetes, was ich nicht verstehe. Diabetes ist eine Krankheit, für die man sich nicht schämen muss. Ich persönlich mache mich stark dafür, indem ich offen darüber rede oder auch keinen Hehl daraus mache, meinen Blutzucker in aller Öffentlichkeit zu messen oder mit der Pumpe meinen Zucker zu regulieren.

Ich habe mal gehört, dass zum Beispiel Schauspieler nicht gerne darüber reden, weil sie befürchten, dass sie dann keine Engagements mehr bekommen, und zwar aus Versicherungsgründen seitens der Krankenkassen. Wenn das wirklich so ist, sollte sich das schnellstens ändern.

Als Sie vor etwa 30 Jahren erfuhren, dass Sie Typ-2-Diabetes haben, hatten Sie da auch den Kopf voller Ängste und falscher Vorstellungen, so wie es vielen ergeht, die mit dieser Diagnose konfrontiert werden?

 Als ich die Diagnose erhielt, wusste ich zunächst gar nicht, was das für mich bedeutet und musste mich mit der Thematik erst einmal vertraut machen. Damals gab es ja noch kein Internet, wo man hätte nachsehen können. Also habe ich Ärzte aufgesucht und mich umfassend informiert. Mein erster Gedanke war, dass ich keine süßen Sachen mehr essen darf, Diät einzuhalten hätte etc. Nachdem man mich über alles aufgeklärt hatte, fand ich das alles dann recht unkompliziert. Einige Gewohnheiten legte ich ab. Und ich trage seit Jahren eine Insulinpumpe, die mir den Umgang mit dem Blutzucker sehr erleichtert.

Udo Walz beim Haareschneiden

50 Jahre ist es her, dass Udo Walz seinen ersten Salon auf dem Berliner Ku'damm eröffnete.


Welche Gewohnheiten haben Sie abgelegt?

 Ich habe vor 17 Jahren das Rauchen aufgegeben, das macht eine Menge aus. Ich trinke so gut wie keinen Alkohol mehr. Außerdem habe ich einen Physiotherapeuten, der mich unterstützt. Und ich versuche, mich mehr zu bewegen.

Sie mussten wegen des Diabetes im Laufe der zurückliegenden 30 Jahre zwei Mal operiert werden. Was gab dafür den Ausschlag?

 Meine Durchblutung war nicht mehr zu 100 Prozent störungsfrei. Ich merkte, wie ich immer schlechter laufen konnte und musste oft nach wenigen Metern stehen bleiben. Man kennt das auch unter den Namen „Schaufensterkrankheit“. Daraufhin ließ ich mich untersuchen und wurde im Abstand von drei Jahren zwei Mal operiert. Jetzt habe ich Stents und kann mich wieder besser bewegen. Allerdings sollte ich mehr Sport machen, damit die Venen sich nicht wieder schließen.

Erst haben Sie den Diabetes zudem mit dem Medikament Metformin in Schach gehalten, später, indem Sie sich mit dem Insulinpen das Hormon mehrmals täglich selbst unter die Haut spritzten. Heute tragen Sie, wie Sie eben sagten, eine kleine Insulinpumpe unter dem Gürtel, die kontinuierlich Insulin abgibt. Was sind die Vorteile?

Ich muss mich nicht mehr mit dem Pen spritzen, die Pumpe erledigt das von selbst. Die Einheiten sind festgelegt. Dadurch erhalte ich in gewissem zeitlichen Abstand immer die erforderliche Menge an Insulin. Wenn ich intensiver Sport machen würde und mein Essen noch stärker umstellen könnte, wäre eine Pumpe sicherlich nicht mehr erforderlich. Aber mit 74 bin ich auch ein wenig fauler geworden, Sport war noch nie interessant für mich.

 Es kann passieren, dass durch Durchblutungsstörungen etwa in den Beinen und durch eine mögliche Schädigung der Nerven das Schmerzempfinden nachlässt, sodass selbst kleine Wunden rasch und unbemerkt zu tiefen Geschwüren werden können. Wie schützen Sie sich davor, zumal Sie in Ihrem Beruf ja täglich lange stehen?

Jeden Morgen untersuche ich meine Beine und Füße auf Druckstellen, Wunden oder Blasen. Das ist mir persönlich sehr wichtig. Ich habe auch Schuhe ohne Nähte im Inneren des Schuhs. Ich wechsle meine Einlegesohlen alle drei Monate und lasse sie neu anfertigen, damit keine Druckstellen aufkommen. Weiterhin creme ich meine Beine und Füße täglich ein, um ein Austrocknen zu verhindern. Denn durch Diabetes trocknet die Haut schneller aus.

 Wie oft müssen Sie zur Kontrolluntersuchung zum Arzt?

In der Regel gehe ich alle zwei Monate zu meinem Professor und lasse meine Blutwerte und Beine untersuchen. Ich will keine Überraschungen erleben. Daher ist mir ein regelmäßiger Besuch beim Diabetologen sehr wichtig.

Eine Frage an Ihren Lebenspartner, Herrn Carsten Thamm-Walz: Wie gehen Sie mit der Erkrankung Ihres Partners um? Achten auch Sie auf dessen Blutwerte und motivieren Sie ihn bei Fragen rund um die Ernährung, sportlichen Aktivitäten etc.?

Ich habe kein Problem mit seiner Erkrankung. Ich versuche alles im Blick zu behalten und achte zum Beispiel sehr darauf, dass er seine Medikamente regelmäßig nimmt und seine Haut nicht austrocknet. Auch prüfe ich mit ihm zusammen jeden Morgen seine Füße auf Auffälligkeiten. Ich begleite ihn zu den Ärzten und informiere mich zudem persönlich über neue Entwicklungen in Sachen Diabetes. Ihn zu mehr Sport zu motivieren habe ich aufgegeben, weil er nicht sehr engagiert ist, was dieses Thema betrifft. Aber ich bekomme ihn wenigstens ab und zu zum gemeinsamen Schwimmen. Danach läuft er fantastisch und hat keine Schmerzen. Das sollte er wirklich öfter tun.

Carsten Thamm-Walz und Udo Walz

Carsten Thamm-Walz (r.) achtet darauf, dass sein Lebenspartner Udo Walz regelmäßig seine Medikamente einnimmt.

Ausdauernd sind Sie, Herr Udo Walz, hingegen in Ihrer Profession. Vor 50 Jahren eröffneten Sie im zarten Alter von 24 am Berliner Ku’damm Ihren ersten Friseursalon. Was trieb Sie all die Jahre an, um so lange Ihrem Beruf treu bleiben zu können?

Das ist meine Berufung, mein ständiger Begleiter. Ein Leben ohne meinen Beruf ist für mich schlichtweg unmöglich. Allein die Freude der Kunden nach einer Veränderung – unbezahlbar! Außerdem braucht mich mein Team natürlich. Es gibt Dinge, die ich ihnen selbst nach so vielen Jahren immer noch beibringen kann. Nur zu Hause zu sitzen, das fände ich auch langweilig. Ich brauche den Kontakt zu Menschen, und die Kunden brauchen den Kontakt zu mir.

Haben Sie Vorbilder?

Ich mag die Einstellung von Karl Lagerfeld in diesem Punkt. Er sagt immer auf die Frage, wie lange er das noch machen will: „Bis ich umfalle, was soll ich sonst tun?“ Das Credo teile ich mit ihm.

Sie haben unzählig viele Frauen glücklich gemacht, indem Sie ihnen dank Ihrer Kunst einen besonderen Glanz verliehen. Was bedeutet Glück für Sie?

Glück für mich ist, jeden Tag aufzustehen. Meine Hunde und meinen Partner zu sehen. Ich habe ein glückliches Leben und bin sehr demütig geworden. Alles läuft wie es soll, und ich hoffe, dass ich noch viele Tage auf diesem Planeten erleben kann.

Wie stellen Sie sich Ihre Zukunft vor?

Dass alles so bleibt, wie es ist. Das wäre mein Wunsch.


Das Interview führte Rüdiger Stettinski.


Bildquellen: ©  Udo Walz (oben), Carsten Thamm-Walz (unten)

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