Ich war mit mir selbst im Gespräch


Ob auf dem Roten Sofa, beim Campen oder als Talkshow-Moderatorin – wer regelmäßig das NDR Fernsehen einschaltet, kennt sie: Bettina Tietjen. Mit ihrer fröhlichen, direkten Art und dem ansteckenden Lachen ist sie eines der populärsten Gesichter des NDR. Außerdem hat sie schon drei Bestseller geschrieben. Uns hat sie erzählt, wie sie sich gesund hält, was sie mit Riesen-Zucchinis anstellt und an welchen Stellen ihres Tagebuchs sie herzhaft lachen musste.

Bettina Tietjen, geboren 1960 in Wuppertal, arbeitete nach ihrem
Magisterabschluss in Germanistik, Romanistik und Kunstgeschichte
als Moderatorin, Reporterin und Autorin für RIAS Berlin,
Deutsche Welle, WDR und diverse Printmedien. Seit 1993 ist sie
beim NDR Fernsehen Gastgeberin auf dem Roten Sofa der Sendung
„DAS!“. Einmal im Monat empfängt sie am Freitagabend
prominente Gäste in der „NDR Talkshow“. Seit 2020 ist sie außerdem
in der Sendereihe „Tietjen campt“ mit ihrem Wohnmobil in
Norddeutschland unterwegs. Ihre Bücher „Unter Tränen gelacht“,
„Tietjen auf Tour“ und „Früher war ich auch mal jung“ waren alle
Spiegel-Bestseller. Bettina Tietjen ist verheiratet, hat zwei erwachsene
Kinder und lebt mit ihrem Mann in Hamburg.

Frau Tietjen, Sie sind schon seit 1993 beim NDR Fernsehen und werden als durch und durch norddeutsch wahrgenommen. Dabei stammen Sie aus Wuppertal. Wie viel Rheinland steckt heute noch in Ihnen?
Gar nicht so wenig. Ich bin ja eher positiv und fröhlich und meistens gut gelaunt – das ist definitiv eher rheinisch. Genauso wie meine direkte Art, ich habe kein Problem damit, Dinge unverblümt anzusprechen, und mache nicht viel Brimborium drumherum. Aber ich glaube, mittlerweile bin ich eine gute Fifty-fifty-Kombination aus Wuppertal und Hamburg.
Wie war Ihr erster Eindruck von den Hamburgern?
Am Anfang fand ich die Hamburger arrogant und extrem zurückhaltend, selbst die Freunde meines Mannes. Ich kam damals aus Berlin nach Hamburg und fand alles ganz anders hier, das war ein harter Kontrast. Und ich habe mich immer schlecht gekleidet gefühlt. Aber mit der Zeit habe ich vieles zu schätzen gelernt, zum Beispiel die verlässliche norddeutsche Art. Wenn man die Herzen der Norddeutschen einmal gewonnen hat, dann hat man die auch für immer. Das finde ich ganz toll! Ich ziehe hier auch nicht wieder weg!
Sie kommen gerade vom Yoga. Was mögen Sie daran und was macht es mit Ihnen?
„Nach einer Stunde Yoga hat man viel mehr Platz im eigenen Körper“, sagt meine Yogalehrerin immer. Und ich finde, sie hat recht. Außerdem hat Yoga von allem etwas: Es hat mit Atmen zu tun, mit Runterkommen, Nachinnenhorchen. Es bringt mich zur Ruhe und entspannt mich. Außerdem finde ich das Dehnen und Stretchen wichtig. Denn gerade, wenn man viel am Schreibtisch nach vorn übergebeugt sitzt, kann man mit Yoga gut gegenarbeiten.
Was machen Sie noch, um sich fit zu halten?
Eigentlich bin ich immer gejoggt, aber ich habe gemerkt, dass das doch ganz schön auf die Gelenke geht und deshalb walke ich jetzt. Meistens schaffe ich es ein bis zwei Mal die Woche, meinen Schweinehund zu überreden, acht Kilometer durch den Wald zu gehen. Wenn ich das mal nicht gemacht habe, roste ich ein, alles tut weh, ich komme schwerer aus dem Bett – die Klassiker in meinem Alter. Außerdem fahre ich viel Fahrrad und ernähre mich recht gesund.
Haben Sie ein gesundes Lieblingsgericht?
Joghurtdip. Mein Mann und mein Sohn haben während des Lockdowns drei Hochbeete gebaut, die ich seitdem regelmäßig bepflanze. Im Moment explodieren die Zucchinis zu den reinsten Riesen-Oschis und ich lasse mir immer wieder etwas Neues einfallen, wie ich das Gemüse verarbeiten kann. Viel mache ich auch mit Tomaten, vor allem Salat. Im Frühjahr hat mir Judith Rakers, die ja ganz viel Homefarming macht, einen kleinen Tomatensetzling geschenkt, der zu einem dicken Busch mit gelben Eiern geworden ist, die total lecker schmecken.
Apropos Gesundheit: Sie haben ein Buch über die Demenzerkrankung Ihres Vaters geschrieben. Haben Sie Interview 7 aus Ihrer eigenen Erfahrung einen Tipp für Angehörige von Demenzkranken?
Am wichtigsten ist es, die Menschen nicht abzuschieben und zu denken: „Der kann ja eh nichts mehr, den kann man gar nicht mehr ernst nehmen.“ Man sollte den Kranken immer auf Augenhöhe begegnen und versuchen, die Veränderung mitzugehen, den Menschen so akzeptieren, wie er geworden ist. Und ganz wichtig: mit ins Leben nehmen, in die Familie, ins Restaurant oder spazieren gehen. Wenn man jemanden im Zimmerchen versteckt, wie sollen andere dann erfahren, was Demenz ist? Und wenn jemand komisch guckt, dann sagen: „Ja, das ist Demenz, das betrifft Sie vielleicht auch irgendwann mal.“

In „Tietjen campt – der Roadtrip“ ist Bettina Tietjen mit ihren fünf prominenten Mitreisenden in drei Campingmobilen von der Ostsee bis in die Alpen unterwegs.
Auch Ihr neuestes Buch „Früher war ich auch mal jung“ ist sehr persönlich. Es geht um Ihre Tagebücher, die Sie als Jugendliche geschrieben haben. Was hat Sie beim Lesen Ihrer alten Tagebücher am meisten an sich selbst beeindruckt?
Wie ernsthaft und reflektiert ich war. Ich habe damals ganz interessante Gedanken gehabt über das Leben und seinen Sinn, den Glauben, wie wir versuchen sollten, Gutes zu tun und unsere Zeit zu nutzen. Es war sehr interessant, mit mir selbst ins Gespräch zu kommen, zu erfahren, wie ich war, als ich jung war. Ich habe dadurch viel gelernt, auch, warum ich heute so bin, wie ich bin und dort gelandet bin, wo ich stehe. Allein für mich war das schon ein wichtiger Prozess.
Gab es auch Stellen, an denen Sie herzhaft lachen mussten?
Ja, mehrfach. Ich habe da Sachen reingeschrieben, die echt zum Schießen sind. Vor allem was das Feiern und Jungs angeht. Meine Schwester und ich haben die Jungs mit einem bis fünf Sternen bewertet in Kategorien wie Knutschen, Aussehen, Musikgeschmack. Intelligenz war nicht dabei. (Lacht.) Beim Lesen habe ich dann meine Schwester angerufen und gefragt: „Du, wer war denn nochmal Alex? Der hat bei mir fünf Sterne.“
Wie jung fühlen Sie sich heute?
Ich fühle mich, wie ich bin. Mal jünger, mal älter – je nach körperlicher Verfassung und wie ich gerade gelaunt bin. Aber alt fühle ich mich nicht und ich habe auch kein Problem mit dem Älterwerden. Zum Beispiel würde ich niemals in meinem Gesicht rumschnippeln lassen. Man kann doch froh sein, wenn man älter wird, und das kann man auch ruhig sehen.
Schreiben Sie noch Tagebuch?
Nur im Urlaub und wenn ich für meine Sendung „Tietjen campt“ unterwegs bin, da passiert einfach mehr als im Alltag. Neulich bin ich mit fünf Gästen und drei Wohnmobilen für „Tietjen campt – der Roadtrip“ von der Ostsee bis nach Bayern gefahren, da war jede Menge los. Und wer weiß, vielleicht gibt es ja nochmal ein zweites Camping-Buch.
Für wen ist Ihr Buch „Früher war ich auch mal jung“ das richtige Weihnachtsgeschenk?
Für alle! (Lacht.) Für alle in meinem Alter natürlich, weil sie sich sehr wiederfinden werden in den 70er- und 80er-Jahren. Aber auch für Jüngere. Ich bekomme oft Feedback von der Generation meiner Kinder. Denn die Gedanken über das Leben, die Zukunft und die Liebe sind so universell, diese Themen sind einfach immer aktuell. In dem Buch ist auch ein Wutbrief an meine Eltern abgedruckt, den ich mit 18 geschrieben habe. Ich konnte einfach nicht verstehen, warum sie mir damals nicht erlauben wollten, nach dem Abi zusammen mit Freunden mit einem VW-Bus zum Campen an den Atlantik zu fahren. Es haben mich schon mehrfach junge Leute darauf angesprochen, ob ich den Brief nicht im Internet zum Download bereitstellen könnte. Sie könnten meine Gegenargumente gut gebrauchen. Das ist doch super, oder?
Sie lachen so gerne, da haben Sie bestimmt einen Lieblingswitz, oder?
Ich bin eine ganz schlechte Witzeerzählerin, aber Abdelkarim hat mir neulich einen erzählt, den fand ich richtig süß: Schmeißt ein Mann (Anm. d. Red.: B. Tietjen muss jetzt schon lachen) eine Schnecke vom Balkon aus dem 10. Stock eines Hochhauses. Fünf Jahre später klingelt die bei ihm an der Tür und fragt: „Was war das denn eben?“
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