Foto: Sebastian Fuchs
Ob auf dem Roten Sofa, beim Campen oder als Talkshow-Moderatorin – wer
regelmäßig das NDR Fernsehen einschaltet, kennt sie: Bettina Tietjen. Mit ihrer
fröhlichen, direkten Art und dem ansteckenden Lachen ist sie eines der populärsten
Gesichter des NDR. Außerdem hat sie schon drei Bestseller geschrieben.
Uns hat sie erzählt, wie sie sich gesund hält, was sie mit Riesen-Zucchinis
anstellt und an welchen Stellen ihres Tagebuchs sie herzhaft lachen musste.
Bettina Tietjen, geboren 1960 in Wuppertal, arbeitete nach ihrem
Magisterabschluss in Germanistik, Romanistik und Kunstgeschichte
als Moderatorin, Reporterin und Autorin für RIAS Berlin,
Deutsche Welle, WDR und diverse Printmedien. Seit 1993 ist sie
beim NDR Fernsehen Gastgeberin auf dem Roten Sofa der Sendung
„DAS!“. Einmal im Monat empfängt sie am Freitagabend
prominente Gäste in der „NDR Talkshow“. Seit 2020 ist sie außerdem
in der Sendereihe „Tietjen campt“ mit ihrem Wohnmobil in
Norddeutschland unterwegs. Ihre Bücher „Unter Tränen gelacht“,
„Tietjen auf Tour“ und „Früher war ich auch mal jung“ waren alle
Spiegel-Bestseller. Bettina Tietjen ist verheiratet, hat zwei erwachsene
Kinder und lebt mit ihrem Mann in Hamburg.
Frau Tietjen, Sie sind schon seit 1993 beim
NDR Fernsehen und werden als durch und
durch norddeutsch wahrgenommen. Dabei
stammen Sie aus Wuppertal. Wie viel Rheinland
steckt heute noch in Ihnen?
Gar nicht so wenig. Ich bin ja eher positiv und fröhlich und
meistens gut gelaunt – das ist definitiv eher rheinisch. Genauso
wie meine direkte Art, ich habe kein Problem damit, Dinge
unverblümt anzusprechen, und mache nicht viel Brimborium
drumherum. Aber ich glaube, mittlerweile bin ich eine gute
Fifty-fifty-Kombination aus Wuppertal und Hamburg.
Wie war Ihr erster Eindruck von den Hamburgern?
Am Anfang fand ich die Hamburger arrogant und extrem
zurückhaltend, selbst die Freunde meines Mannes. Ich kam
damals aus Berlin nach Hamburg und fand alles ganz anders
hier, das war ein harter Kontrast. Und ich habe mich immer
schlecht gekleidet gefühlt. Aber mit der Zeit habe ich vieles zu
schätzen gelernt, zum Beispiel die verlässliche norddeutsche
Art. Wenn man die Herzen der Norddeutschen einmal gewonnen
hat, dann hat man die auch für immer. Das finde ich ganz
toll! Ich ziehe hier auch nicht wieder weg!
Sie kommen gerade vom Yoga. Was mögen Sie daran und
was macht es mit Ihnen?
„Nach einer Stunde Yoga hat man viel mehr Platz im eigenen
Körper“, sagt meine Yogalehrerin immer. Und ich finde, sie hat
recht. Außerdem hat Yoga von allem etwas: Es hat mit Atmen
zu tun, mit Runterkommen, Nachinnenhorchen. Es bringt mich
zur Ruhe und entspannt mich. Außerdem finde ich das Dehnen
und Stretchen wichtig. Denn gerade, wenn man viel am
Schreibtisch nach vorn übergebeugt sitzt, kann man mit Yoga
gut gegenarbeiten.
Was machen Sie noch, um sich fit zu halten?
Eigentlich bin ich immer gejoggt, aber ich habe gemerkt, dass
das doch ganz schön auf die Gelenke geht und deshalb walke
ich jetzt. Meistens schaffe ich es ein bis zwei Mal die Woche,
meinen Schweinehund zu überreden, acht Kilometer durch
den Wald zu gehen. Wenn ich das mal nicht gemacht habe,
roste ich ein, alles tut weh, ich komme schwerer aus dem
Bett – die Klassiker in meinem Alter. Außerdem fahre ich viel
Fahrrad und ernähre mich recht gesund.
Haben Sie ein gesundes Lieblingsgericht?
Joghurtdip. Mein Mann und mein Sohn haben während des
Lockdowns drei Hochbeete gebaut, die ich seitdem regelmäßig
bepflanze. Im Moment explodieren die Zucchinis zu den
reinsten Riesen-Oschis und ich lasse mir immer wieder etwas
Neues einfallen, wie ich das Gemüse verarbeiten kann.
Viel mache ich auch mit Tomaten, vor allem Salat. Im
Frühjahr hat mir Judith Rakers, die ja ganz viel Homefarming
macht, einen kleinen Tomatensetzling geschenkt, der zu einem
dicken Busch mit gelben Eiern geworden ist, die total lecker
schmecken.
Apropos Gesundheit: Sie haben ein Buch über die
Demenzerkrankung Ihres Vaters geschrieben. Haben Sie
Interview 7 aus Ihrer eigenen Erfahrung einen Tipp für Angehörige von
Demenzkranken?
Am wichtigsten ist es, die Menschen nicht abzuschieben und
zu denken: „Der kann ja eh nichts mehr, den kann man gar
nicht mehr ernst nehmen.“ Man sollte den Kranken immer
auf Augenhöhe begegnen und versuchen, die Veränderung
mitzugehen, den Menschen so akzeptieren, wie er geworden
ist. Und ganz wichtig: mit ins Leben nehmen, in die Familie,
ins Restaurant oder spazieren gehen. Wenn man jemanden im
Zimmerchen versteckt, wie sollen andere dann erfahren, was
Demenz ist? Und wenn jemand komisch guckt, dann sagen:
„Ja, das ist Demenz, das betrifft Sie vielleicht auch irgendwann
mal.“
In „Tietjen campt – der Roadtrip“ ist Bettina Tietjen mit ihren fünf prominenten Mitreisenden in drei Campingmobilen von der Ostsee bis in die Alpen unterwegs.
Auch Ihr neuestes Buch „Früher war ich auch mal jung“
ist sehr persönlich. Es geht um Ihre Tagebücher, die Sie als
Jugendliche geschrieben haben. Was hat Sie beim Lesen
Ihrer alten Tagebücher am meisten an sich selbst beeindruckt?
Wie ernsthaft und reflektiert ich war. Ich habe damals ganz interessante
Gedanken gehabt über das Leben und seinen Sinn,
den Glauben, wie wir versuchen sollten, Gutes zu tun und
unsere Zeit zu nutzen. Es war sehr interessant, mit mir selbst
ins Gespräch zu kommen, zu erfahren, wie ich war, als ich jung
war. Ich habe dadurch viel gelernt, auch, warum ich heute so
bin, wie ich bin und dort gelandet bin, wo ich stehe. Allein für
mich war das schon ein wichtiger Prozess.
Gab es auch Stellen, an denen Sie herzhaft lachen mussten?
Ja, mehrfach. Ich habe da Sachen reingeschrieben, die echt
zum Schießen sind. Vor allem was das Feiern und Jungs angeht. Meine Schwester und ich haben die Jungs mit einem
bis fünf Sternen bewertet in Kategorien wie Knutschen, Aussehen,
Musikgeschmack. Intelligenz war nicht dabei. (Lacht.)
Beim Lesen habe ich dann meine Schwester angerufen und
gefragt: „Du, wer war denn nochmal Alex? Der hat bei mir
fünf Sterne.“
Wie jung fühlen Sie sich heute?
Ich fühle mich, wie ich bin. Mal jünger, mal älter – je nach körperlicher
Verfassung und wie ich gerade gelaunt bin. Aber alt
fühle ich mich nicht und ich habe auch kein Problem mit dem
Älterwerden. Zum Beispiel würde ich niemals in meinem Gesicht
rumschnippeln lassen. Man kann doch froh sein, wenn
man älter wird, und das kann man auch ruhig sehen.
Schreiben Sie noch Tagebuch?
Nur im Urlaub und wenn ich für meine Sendung „Tietjen
campt“ unterwegs bin, da passiert einfach mehr als im
Alltag. Neulich bin ich mit fünf Gästen und drei Wohnmobilen
für „Tietjen campt – der Roadtrip“ von der Ostsee bis nach
Bayern gefahren, da war jede Menge los. Und wer weiß, vielleicht
gibt es ja nochmal ein zweites Camping-Buch.
Für wen ist Ihr Buch „Früher war ich auch mal jung“ das
richtige Weihnachtsgeschenk?
Für alle! (Lacht.) Für alle in meinem Alter natürlich, weil sie
sich sehr wiederfinden werden in den 70er- und 80er-Jahren.
Aber auch für Jüngere. Ich bekomme oft Feedback von der
Generation meiner Kinder. Denn die Gedanken über das
Leben, die Zukunft und die Liebe sind so universell, diese
Themen sind einfach immer aktuell.
In dem Buch ist auch ein Wutbrief an meine Eltern abgedruckt,
den ich mit 18 geschrieben habe. Ich konnte einfach
nicht verstehen, warum sie mir damals nicht erlauben wollten,
nach dem Abi zusammen mit Freunden mit einem VW-Bus
zum Campen an den Atlantik zu fahren. Es haben mich schon
mehrfach junge Leute darauf angesprochen, ob ich den Brief
nicht im Internet zum Download bereitstellen könnte. Sie
könnten meine Gegenargumente gut gebrauchen. Das ist
doch super, oder?
Sie lachen so gerne, da haben Sie bestimmt einen
Lieblingswitz, oder?
Ich bin eine ganz schlechte Witzeerzählerin, aber Abdelkarim
hat mir neulich einen erzählt, den fand ich richtig süß:
Schmeißt ein Mann (Anm. d. Red.: B. Tietjen muss jetzt schon
lachen) eine Schnecke vom Balkon aus dem 10. Stock eines
Hochhauses. Fünf Jahre später klingelt die bei ihm an der Tür
und fragt: „Was war das denn eben?“