gute besserung! | Judith Sehrbrock | Rote Rosen |

Judith Sehrbrock: „Das Ernten von Pflücksalat macht mich glücklich“

Judith Sehrbrock: „Das Ernten von Pflücksalat macht mich glücklich“


gute besserung! | Judith Sehrbrock | Rote Rosen |

Die Schauspielerin Judith Sehrbrock steht aktuell in der Hauptrolle der ARD-Telenovela „Rote Rosen“ vor der Kamera. Früher hat die gebürtige Freiburgerin professionell rhythmische Sportgymnastik ausgeübt. Im Interview verrät sie uns, wie das Drehen in Pandemiezeiten abläuft, wie viel sie mit ihrer Rollenfigur gemein hat und was ihr große Freude bereitet.

Das ist Judith Sehrbrock

Judith Sehrbrock startet ihre Karriere schon sehr früh – in der sechsten Klasse in der Theater-AG ihres Gymnasiums. Danach folgen von 1995 bis 1998 das Dance-and-Drama-Studium an der Stage School Hamburg und später verschiedene Stimm- und Schauspielseminare als Synchronsprecherin. Die Wahlhamburgerin ist vor allem durch ihre Rolle in „Hinter Gittern – Der Frauenknast” bekannt geworden und in Serien wie „Notruf Hafenkante”, „Alphateam – Die Lebensretter im OP” und „SOKO“ zu sehen. Auch auf Theaterbühnen in Berlin und Hamburg ist die 48-Jährige zu Hause.

Interview

Sie spielen eine der beiden Hauptrollen in der aktuellen Staffel von „Rote Rosen“. Coronabedingt sind die Dreharbeiten sicher anders als gewöhnlich. Wie laufen die Arbeiten am Set?

Das Korsett, in dem wir uns bei der Daily Novela bewegen, ist aufgrund des hohen Pensums und des schnellen Drehablaufes generell sehr eng geschnürt, aber man findet innerhalb dieser Struktur immer Möglichkeiten, der Kreativität freien la uf zu lassen. Durch die strengen Schutzmaßnahmen, die bei uns am Set gelten, werden diese kreativen Impulse nun zusätzlich eingedämmt. Das freie Bewegen, das Spiel mit Nähe und Distanz – z. B. meinen „Sohn“ tröstend in den Arm zu nehmen, wenn er weint – muss im Vorfeld besprochen und mit den entsprechenden Schutzmaßnahmen unterstützt werden – da geht schon eine Menge an Spontaneität verloren. Aber das betrifft nicht nur uns Schauspielende. Alle Departments sind im Moment sehr gefordert, neue Wege des Erzählens zu finden. Und ehrlich gesagt bin ich gerade einfach glücklich, jeden Tag zur Arbeit gehen zu können und mit einem Team von Menschen zusammenzuarbeiten, die jeden Tag aufs Neue einfach gerne ihren Job machen.

Judith Sehrbrock mit Schauspielkollegen

Judith Sehrbrock in ihrer Rolle als Tatjana mit ihren Schauspielkollegen am Set von „Rote Rosen“. (c) Nicole Manthey

Unabhängigkeit und Selbstbestimmung machen die Rolle von Tatjana Petrenko aus. Sie zieht ihren Sohn allein groß und verwirklicht ihren Traum vom eigenen Business. Haben Sie Ähnlichkeit mit Ihrer Filmfigur?

Unabhängigkeit und Selbstbestimmung waren für mich immer ein Thema. Schon als Kind war es mir wichtig, Dinge alleine zu schaffen, und ich habe lange diskutiert, wenn ich etwas wollte und mir die Absage nicht sinnvoll erschien. Oder habe auch mal die Tür geknallt… (lacht).

Finanzielle Unabhängigkeit fand ich immer erstrebenswert – was in meinem Beruf jetzt nicht unbedingt das leichteste Thema ist. Ich weiß noch genau, wie gut sich das für mich anfühlte, als ich nach dem Abitur mein Auslandsjahr in Paris absolvierte. Ich konnte das Sprachinstitut und meinen Lebensunterhalt durch mein erspartes und erarbeitetes Geld komplett selbst finanzieren. Die Unabhängigkeit, nicht auf Entscheidungen anderer warten zu müssen, bringt eine große Freiheit mit sich.

Allerdings habe ich über die Jahre auch gelernt, dass ich nicht alles alleine machen muss und möchte. Um Hilfe bitten und Unterstützung annehmen – in welcher Form auch immer sie daherkommt –, birgt für mich mittlerweile ebenfalls ein Gefühl von Freiheit. Was mir an meiner Figur Tatjana gefällt, ist, dass sie neue Ideen kurz prüft und dann mit Energie und Freude nachgeht. Sie ist durchaus risikofreudiger als ich. Wobei, wenn ich so überlege, verfolge ich meine Ideen und Träume auch recht stringent. Es dauert vermutlich länger. Aber ich bin ja auch keine Telenovelaheldin (lacht).

Sie starten mit der Jagd auf einen Taschendieb sportlich in die Staffel. Früher haben Sie Leistungssport gemacht, richtig?

Mit acht Jahren bin ich zusammen mit meiner Schwester beim Kunstturnen gelandet. Mir war schnell klar, dass ein Flickflack auf dem enorm dünnen und sehr harten Balken die Gefahr von zu vielen blauen Flecken, Schürfwunden und Schmerzen barg, also wechselte ich mit einer Freundin zur Rhythmischen Sportgymnastik. Da findet nämlich alles auf dem Boden statt, war mein Gedanke. Ich habe rasch festgestellt, dass man sich, bei unsachgemäßem Umgang, auch mit Keulen blaue Flecken und Schmerzen zufügen kann. Aber da war ich schon begeistert von dem Sport – von der Musik, Bewegung, Dynamik und dem Spiel mit den Geräten. Im Nachhinein kann ich sagen, dass ich ganz nebenbei einiges gelernt habe, was mich auch heute noch unterstützt: Zum Beispiel Disziplin. Denn, ganz ehrlich, ich hatte oft keine Lust viermal die Woche ins Training zu gehen. Nicht aufzugeben, wenn etwas beim ersten Mal nicht klappt. Das ständige Wiederholen komplizierter

Abläufe hat mich sicherer und mutiger werden lassen, und die Sprungbahn, an welcher ich anfangs verzweifelte, wurde leicht und hat mir eine irrsinnige Freude gemacht. Ich habe gelernt, dass Grenzen nicht gesetzt, sondern verschiebbar und überwindbar sind. Und ich habe es geliebt, Musik auszuwählen und darauf eine Choreografie zu entwickeln, die mir und meinem Können entsprach. Und, was für uns damals schon ganz selbstverständlich war, dass wir Mädels uns gegenseitig unterstützt haben. Wir haben uns gegenseitig angefeuert, uns Mut gemacht und bei Herausforderungen gemeinsam nach Lösungen gesucht. Auch wenn jede für sich auf der Matte stand und es um Platzierungen ging, wussten wir intuitiv, dass wir gemeinsam stärker sind und es einfach mehr Spaß macht.

Heute macht Ihnen vor allem das Gärtnern Freude, stimmt das?

Ja. Ich habe nach wie vor keinen eigenen Garten, aber ich liebe es mich mit naturnahem Gärtnern, wilden Kräutern und Permakultur zu beschäftigen. Ich helfe sehr gerne im Garten meiner Eltern oder von Freunden. Ich habe mich gefragt, was mich dabei so glücklich macht. Vielleicht ist es das Gestalten – Gartenarbeit ist kreativ und die Zeit läuft langsamer. Ich liebe es, wenn Rotkehlchen oder Zaunkönig vorbeischauen und Regenwürmer oder Insekten aus der aufgebrochenen Erde holen. Oder die Schmetterlinge den Sommerflieder belagern. Da könnte ich stundenlang einfach nur zuschauen. Und natürlich ist es ungemein befriedigend, in den Garten zu gehen und aus dem reichen Schatz verschiedener Gemüse- und Obstsorten wählen zu können. Selbst das Ernten von Pflücksalat oder kleinen Tomaten auf meinem Balkon macht mich glücklich.

Sie haben an der Stage School Hamburg das Fach Dance and Drama studiert und standen unter anderem im Altonaer Theater auf der Bühne. Was schätzen Sie an Hamburg besonders?

Ich finde es ja schwierig, so etwas in zwei, drei Worten zu benennen, aber mein Versuch wäre: Ich habe hier so viel Himmel, ich liebe das Wasser, und ich mag die Gelassenheit der Menschen. Oder wie die Kinder eines Freundes sagten: „Die Stadt ist schön, und die Menschen sind nett.“

 


Das Interview führte Kornelia Ediger
Beitragsbild: © Bernd Brudert

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