Symbolgrafik eines Kindes im Profil mit einem Wirrwarr aus Linien im Kopf – Darstellung für psychische Belastung, Angst oder innere Unruhe bei Kindern.

Traumata statt Träume

Foto: FGC/Shutterstock

Posttraumatische Belastungsstörung

Traumata statt Träume

Sexualisierte, psychische und physische Gewalt, aber auch Unfälle und Kriegserlebnisse können bei Kindern und Jugendlichen zu posttraumatischen Belastungsstörungen führen. Das Kinderkrankenhaus Wilhelmstift bietet umfangreiche Therapien.

Von Britta Schmeis

An eine Patientin erinnert sich die Traumapädagogin Sabrina Henning besonders deutlich: Mit 15 Jahren kam sie in die Kinder- und Jugendpsychiatrie am Katholischen Kinderkrankenhaus Wilhelmstift. Sie war durch sexualisierte Gewalt schwer traumatisiert, litt an einer Borderline-Störung und hatte sich bereits massiv selbst verletzt. Auch Essstörungen waren ein Thema. Zweieinhalb Jahre war sie mit Unterbrechungen in stationärer Behandlung.

Sexualisierte Gewalt und Misshandlungen häufigste Ursachen

„Ich war mir nicht sicher, ob wir es schaffen würden, ihr ausreichend gut zu helfen“, erzählt Sabrina Henning, die seit zehn Jahren Teil des interdisziplinären Teams der Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie für Kinder- und Jugendliche am Kinderkrankenhaus Wilhelmsstift ist. Doch bei ihrer Entlassung sagte die junge Frau: „Der Anfang war schwer, aber es hat sich gelohnt und jetzt kann ich mir ein Leben vorstellen.“ „Sie hat eine unglaubliche Entwicklung gemacht“, sagt Henning. „Oft sind es interpersonelle Traumatisierungen, also sexualisierte Gewalt oder Misshandlungen, die die Jugendlichen erfahren haben, seltener führen auch Unfälle oder Naturkatastrophen dazu“, erklärt die Pädagogin.

Verhaltensveränderungen können Anzeichen sein

Die Anzeichen sind nicht immer leicht zu erkennen. „Deshalb sollten Eltern genau hinschauen, wenn sie auffällige Verhaltensveränderungen wahrnehmen“, sagt Sabrina Henning. Wenn etwa ein recht stilles oder angepasstes Kind plötzlich zu intensiven Gefühlsausbrüchen neige oder umgekehrt. Das Krankheitsbild ist vielfältig, zeigt sich aber in der Regel im Wiedererleben der traumatisierenden Situationen etwa in Alpträumen oder Flashbacks und zwar mit allen Sinnen. Auch sogenannte Dissoziationen sind möglich. „Die Jugendlichen wirken dann vorübergehend wie abgeschaltet.“ Oft vermeiden sie damit intensive, unangenehme Emotionen. Und dann gibt es das aktive Vermeidungsverhalten, das unabhängig von Flashbacks, Dissoziationen und einem sogenannten Hyperarousal auftreten kann. Das bezieht sich in der Regel auf die Vermeidung bestimmter Orte, Personen, Handlungen und Gedanken. Bei einem Hyperarousal handelt es sich um eine Überregung, die sich in einer übermäßigen Schreckhaftigkeit äußert, weil die Betroffenen ihre Umgebung ständig auf Gefahren scannen.

Ambulante und stationäre Therapien möglich 

„Unsere Patientinnen und Patienten sind meist extrem instabil“, erklärt Henning. Daher dauerten Therapien oft sehr lang. Und sie bedürfen einer sicheren Umgebung. Das kann bedeuten, dass eine ambulante Behandlung nicht möglich ist und die Jugendlichen stationär aufgenommen werden müssen. So wie im Fall der 15-Jährigen, die schließlich erfolgreich gelernt hat, mit ihren traumatischen Erlebnissen umzugehen und ihr Leben wieder selbst in die Hand zu nehmen.

Buchcover von 'Posttraumatische Belastungsstörungen verstehen' von Sabrina Henning, veröffentlicht im Kohlhammer Verlag. Das Cover zeigt einen nebelverhangenen Holzsteg, der ins Wasser führt, mit rotem Ratgeber-Hinweis und schlichtem Design.

Posttraumatische Belastungsstörungen Verstehen
Sabrina Henning, W. Kohlhammer GmbH,
128 Seiten, 24 Euro

Nummer gegen Kummer

Das Kinder- und Jugendtelefon bietet eine telefonische Beratung. Montags bis samstags von 14 Uhr bis 20 Uhr. Anonym und kostenlos in ganz Deutschland:
116111, www.nummergegenkummer.de

Kinder- und Jugendtelefon | Chancen NRW

Expertin für diesen Artikel:

Porträt einer Frau (Sabrina Henning) mit langen braunen Haaren im Pferdeschwanz, die eine graue Jacke mit braunen Details trägt, vor einem dunkelgrauen Hintergrund. Sie lächelt freundlich und steht mit verschränkten Armen.

SABRINA HENNING
Traumapädagogin am Kath. Kinderkrankenhaus Wilhelmstift


Fotos: privat