DURCHS SCHLÜSSELLOCH ZUR SPEISERÖHRE
Krebserkrankungen der Verdauungsorgane sind eine Herausforderung für Gastroenterologie und Chirurgie. Neben einem bestens eingespielten Team aus Fachexperten setzt das Israelitische Krankenhaus Hamburg auch auf einen Roboter.
Operationen an den inneren Organen verlangen sowohl Patient:innen als auch der Chirurgie besonders viel ab. Denn sie sind nicht nur oft notwendig, um die Betroffenen am Leben zu erhalten, sondern finden tief im Inneren des Torsos statt. Umso herausfordernder wird es, wenn sich in Speiseröhre, Dickdarm oder Bauchspeicheldrüse bösartige Tumoren bilden.
SCHWERES STÜCK FÜR MENSCHLICHE HÄNDE
„Nehmen wir als Beispiel ein Speiseröhrenkarzinom, das nicht mehr durch einen Eingriff während einer Magenspiegelung entfernt werden kann“, beginnt Prof. Dr. Jan-Hendrik Egberts, Chefarzt der Chirurgie und Leiter der Viszeralchirurgie am Israelitischen Krankenhaus Hamburg, zu illustrieren. „Der Tumor muss in einem Stück raus. Traditionell würden wir die Bauchhöhle und den Brustkorb öffnen und die rechte Lunge von der Beatmung ausschalten, nur um mit unseren Händen an das betroffene Gewebe zu kommen.“ Somit muss der eigentliche Eingriff an der Speiseröhre durch eine große Operation eingeleitet werden. Erst im zweiten Schritt können dann Teile oder die gesamte Speiseröhre entfernt und der Magen in den Brustkorb hochgezogen werden. Die Prozedur ist nicht nur aufwendig und belastend, sondern wegen der benachbarten lebenswichtigen Strukturen nicht ohne Risiken.
SCHWERES STÜCK FÜR MENSCHLICHE HÄNDE
Eine deutliche Entlastung bringt die „Schlüssellochchirurgie“, insbesondere, wenn sie durch den OP-Roboter Da Vinci unterstützt wird. Hier reicht ein etwa 8 mm großer Schnitt zwischen den Rippen an der Seite, um den OP-Instrumenten des ferngesteuerten Geräts Zugang zur Speiseröhre zu gewähren. „Es ist ein viel schonenderes Verfahren für die Patient:innen. Mit dem Roboter führen wir mittlerweile pro Jahr 250 Eingriffe an Verdauungstrakt und Lunge durch“, so der Chefchirurg.
TEAMWORK AN DER TAGESORDNUNG
Insbesondere in der Viszeralonkologie – also der Behandlung bösartiger Tumoren der Bauchorgane und damit auch der Speiseröhre – kommt es neben den richtigen Verfahren auf die interdisziplinare Zusammenarbeit an. „Wir behandeln Menschen und nicht allein den Krebs“, sagt Dr. Ulrich Rosien, der zusammen mit Prof. Egberts das Viszeralonkologische Zentrum am Israelitischen Krankenhaus Hamburg leitet. „Um jede/n Einzelne/n optimal und individuell behandeln zu können, müssen alle beteiligten Fachrichtungen ihr Wissen und Können zusammenbringen.“
Zweimal wöchentlich konferiert der Gastroenterologe mit Expert:innen aus Onkologie, Strahlentherapie, Humangenetik, Pathologie und Chirurgie. „Jede/r Patient/in mit einer Tumorerkrankung im Verdauungstrakt wird besprochen: Wie erreiche ich für jede/n die bestmögliche Aussicht auf Heilung? Geht es endoskopisch ohne einen großen Eingriff? Ist eine Vor- oder Nachbehandlung sinnvoll oder vielleicht auch allein ausreichend? Haben wir Hinweise auf eine genetische Veranlagung aus Familiengeschichte oder Aufarbeitung des Tumorgewebes durch den/die Patholog:in, die zu einer vorbeugenden Beratung von Patient:in und Familie führen sollte? Wie helfen wir Patient/innen, die wir nicht mehr heilen können?“
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