Peter Maffay: „Ich lebe für die Musik“
Er wollte nie erwachsen sein – nun ist er 70 Jahre jung, steht seit 50 Jahren auf der Bühne und ist erfolgreich wie eh und je: Peter Maffay. Warum in seinem neuen Album JETZT! auch kritische Töne anklingen, verrät der Musiker im „gute besserung!“-Interview.
Sie feiern Ihr 50-jähriges Bühnenjubiläum, herzlichen Glückwunsch! Was war das bewegendste Erlebnis Ihres bisherigen beruflichen Schaffens?
Das ist schwer zu sagen. Das wichtigste Ereignis war jedenfalls der Tag, an dem der Musikproduzent Michael Kunze, genauer gesagt dessen Frau Roswitha, mich in einem Münchner Club entdeckte. Michael machte mir ein phänomenales Angebot, das ich nicht ausschlagen konnte: eine Schallplatte aufzunehmen. So entstand „Du“. Das wollte am Anfang niemand hören, wurde dann aber ein großer Hit. Damit fing alles an. Ohne „Du“ gäbe es jetzt kein Jubiläum.
2020 gehen Sie auf große Deutschland-Tour – ein strammes Programm! Wie halten Sie sich während dieser Zeit und im Alter von 70 Jahren so fit und gesund?
Wenn ich zu Hause bin, steige ich um 6 Uhr aus den Federn. Um 6.20 Uhr sitze ich auf dem Fahrrad und fahre von Tutzing zur Roseninsel und zurück. Es ist eine schöne, kleine Fahrt von 13 oder 14 Kilometern, ganz ruhig in der Natur. Manchmal springe ich anschließend noch in den See, das geht im Sommer ganz wunderbar. Auf Tour habe ich Hanteln dabei und versuche außerdem relativ regelmäßig, Liegestütze zu machen. Ich esse nicht übermäßig, meistens nur zweimal am Tag, wenig Kohlenhydrate und viel Gemüse und Obst. Ich rauche seit Jahren nicht mehr, und ganz selten gönne ich mir mal ein Glas Wein.
Am 28. Februar 2020 werden Sie auch in Hamburg auftreten. Worauf freuen Sie sich besonders, wenn Sie in der Hansestadt sind?
Hamburg ist unser zweites Konzert auf der Tour. Die Premiere ist zuvor in Kiel. Wir starten unsere Tourneen meistens im Norden. Ich fühle mich dem Publikum dort sehr verbunden. Außerdem habe ich Freunde und Weggefährten in Hamburg. Schließlich habe ich vor langer Zeit mal dort gewohnt.
Schwerpunktthema unserer Ausgabe ist „Krankenhaus 4.0 – Digitalisierung in der Medizin“. Was halten Sie davon, dass unsere Welt immer digitaler wird?
Es ist wie so oft im Leben: Es kommt darauf an, was man daraus macht. Wenn wir die Chancen, die die Digitalisierung in der Forschung, der Kommunikation und dem Datenaustauch bietet, verantwortungsvoll nutzen, dann können wir enorm davon profitieren. Ich hätte auch nichts dagegen, wenn ein Humanoid, also ein menschenähnlicher Roboter, das Essen ans Krankenbett bringt und das Tablett später wieder abholt, sofern die Krankenschwestern und Pfleger die dadurch eingesparte Zeit auf Gespräche mit dem Patienten verwenden.
Sie haben u. a. einen Instagram-, Facebook-und Twitterkanal. Was hat sich fürSie als Künstler durch Nutzung der Social-Media-Kanäle geändert?
Viel, sehr viel sogar. Ich kann mit dem Publikum direkt und schnell kommunizieren und bekomme ein rasches Feedback. Wir können jederzeit neue Musik präsentieren und sind nicht von Fernsehauftritten und Radioplaylists abhängig. Im Netz entscheidet der Konsument unmittelbar, ob er einen Titel hören möchte oder nicht. Das finde ich sehr gut.
In Ihrer Singleauskopplung „Morgen“ widmen Sie sich den Problemen dieser Zeit und fragen „Wollen wir wieder warten, bis der Morgen kommt“? Was läuft momentan alles falsch?
Um den Klimawandel zu bremsen, brauchen wir einen globalen Konsens, der aber nicht zustande kommt. Nicht nur das finde ich besorgniserregend. Einige Dinge wiederholen sich permanent – sei es Rechtsradikalismus, Linksradikalismus, die atomare Bedrohung. Ob China, Russland, Nordkorea oder Pakistan: Viele Länder besitzen Atombomben. Seit wir 1982 den Song „Eiszeit“ veröffentlicht haben, hat sich kaum etwas verändert. Es besteht bis heute die Möglichkeit, dass wir alle sterben, weil jemand den falschen Knopf drückt.
JETZT! ist der Titel Ihres Albums, was sollten wir alle jetzt tun, damit es uns auch in Zukunft gutgeht?
Das Zeitfenster, das uns bleibt, um die Zerstörung der Umwelt aufzuhalten, wird immer kleiner. Es bleibt die Hoffnung auf technologischen Fortschritt, der schneller ist als die Erosion. Zugleich kann jeder in seinem Rahmen einen Beitrag leisten. Das fängt beim Mehrwegbecher für den „Coffee to go“ an, geht über unser Konsumverhalten, indem wir mehr regionale Produkte kaufen, bis zum Kraftstoffverbrauch. Fahrradfahren ist nicht nur besser für die Umwelt, sondern auch viel gesünder.
Wie schaffen Sie es, sich immer wieder neu zu inspirieren und neue Songs zu erschaffen? Gehört dazu beispielsweise auch die Zusammenarbeit mit anderen Künstlern wie dem Hamburger Johannes Oerding, der den Text für „Morgen“ geschrieben hat?
Ich lebe für die Musik und das seit meinem 14. Lebensjahr. Um nichts auf der Welt möchte ich das missen. Im Austausch und in der Zusammenarbeit mit tollen Kollegen wie Johannes Oerding entwickelt man sich weiter. Das ist wichtig. Musiker zu werden ist eine der wirklich guten Entscheidungen, die ich getroffen habe.
Das Interview führte Marthe Westphal.
Beitragsbild: © Wolfgang Köhler