Foto: Kateryna Kon
Gefäße
„Nicht jedes Aneurysma muss operiert werden!“
Von Britta Schmeis
Für Priv.-Doz. Dr. Friedrich Dünschede ist die 76-jährige Regina H. ein Paradebeispiel: „Sie lebt seit zehn Jahren mit einem Bauchaneurysma, das in dieser Zeit von 2,9 Zentimetern auf 3,9 Zentimeter gewachsen ist“, erzählt der Chefarzt der Klinik für Gefäßmedizin am Agaplesion Diakonieklinikum in Eimsbüttel und seit September 2024 auch am Agaplesion Bethesda Krankenhaus in Bergedorf (s. Kasten). Das sei zunächst unbedenklich. „In der Regel wächst ein Aneurysma etwa ein bis zwei Millimeter im Jahr, gefährlich wird es im Bauch erst ab einem Durchmesser von 5,5 Zentimetern.“ Bestehen zudem Beschwerden oder liegt eine untypische Konfiguration des Aneurysmas vor, muss auch mal bei kleineren Aneurysmen behandelt werden.
Männer sind häufiger betroffen
Aneurysmen sind Gefäßausbuchtungen. Am häufigsten treten sie im Bauch oder auch im Brustkorb und in der Kniekehle auf, sehr selten im Gehirn. Etwa zehn Prozent der Männer zwischen 60 und 70 Jahren sind betroffen, Frauen deutlich seltener. In der Regel schwächen arteriosklerotische Prozesse die Gefäßwände, wie Verkalkungen. Begünstigt werden diese durch Diabetes und Bluthochdruck. So ganz genau seien die Ursachen aber bis heute nicht erforscht. „Selbst topfitte Menschen trifft es“, so der Gefäßexperte.
Das Wachstum verlangsamen
Platzt die Gefäßwand, tritt Blut aus, was lebensbedrohlich werden kann. Soweit muss es aber gar nicht kommen. „Seit 2018 zahlen Krankenkassen für Männer ab 65 eine einmalige Ultraschalluntersuchung“, erklärt Dünschede. Ungewöhnliche Bauch- oder Rückenschmerzen können auf ein Bauchaneurysma hindeuten.
Ist ein Aneurysma diagnostiziert, sind regelmäßige Kontrollen zwingend erforderlich. Zudem sollten Bluthochdruck und gegebenenfalls der Diabetes gut eingestellt sein. Und auch wer mit dem Rauchen aufhört, kann das Wachstum verlangsamen. Über die Sprechstunden der Gefäßmedizin in Bergedorf und Eimsbüttel können diese wichtigen Kontrollen erfolgen.
Zwei OP-Methoden
Wird doch eine OP notwendig, stehen zwei Methoden zur Verfügung: ein endovaskulärer Eingriff mit einem Katheter über die Leistenschlagader, bei dem das Gefäß ausgekleidet wird „wie mit einer Tapete“ oder eine Bauch-OP, bei der das geweitete Gefäß ersetzt wird. „Grundsätzlich aber gilt, dass viele Betroffene mit einem Aneurysma gut weiterleben können“, sagt Dünschede.
Experte für diesen Artikel:
PRIV.-DOZ. DR. FRIEDRICH DÜNSCHEDE
Chefarzt der Klinik für Gefäßmedizin am Agaplesion Diakonieklinikum und am Agaplesion Bethesda Krankenhaus