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Querschnittlähmung
Risiko, Rausch, Rollstuhl
Von Caroline de Boor
Bei einer Querschnittlähmung ist das Rückenmark verletzt. Je höher die Verletzung in der Wirbelsäule sitzt, desto weiter oben beginnt die Lähmung und desto größer ist auch die Beeinträchtigung. Der Mediziner unterscheidet dabei zwischen unfallverursachter und krankheitsbedingter Querschnittlähmung. „Jedes Jahr gibt es in Deutschland 1.800 Fälle von Querschnittlähmung, die Hälfte davon ist unfallbedingt”, weiß der Chefarzt. Dazu zählen Arbeits- und Verkehrsunfälle sowie Sport- und Freizeitunfälle.
Risikogruppe Mann
Männer sind von Querschnittlähmung durch Unfälle dreimal so häufig betroffen wie Frauen. Den Grund sieht Prof. Dr. Thietje im Risikoverhalten. Als Spezialfall nennt er die Flachwasserspringer. „Davon gibt es in Deutschland 20 bis 30 Fälle im Jahr. Meistens sind es Jungs und junge Männer im Alter von 15 bis 30 Jahren.” Zurückzuführen sei das auf Imponiergehabe, Alkohol- und Drogenkonsum und Maskulinitätswettbewerbe. Aber: „Das Verhältnis der Geschlechter verschiebt sich in den letzten Jahren. Frauen verletzen sich zum Beispiel zunehmend beim Reiten, Klettern oder Motorradfahren.”
Körperliche Auswirkungen
Eine Querschnittlähmung bedeutet mehr, als sich nicht bewegen zu können. Die Verletzung betrifft auch die Sensorik und je nach Höhe der Lähmung autonome Körperfunktionen wie Blasen- und Darmentleerung oder Herzschlag und Atmung. Letzteres kann lebensbedrohend sein und eine dauerhafte Beatmung erfordern. „Die Lebenserwartung für Paraplegiker, also Menschen deren Unterkörper und Beine gelähmt sind, ist hervorragend. Mit den richtigen Hilfsmitteln wie dem passenden Rollstuhl und einem guten sozialen Netz spricht nichts gegen ein langes Leben”, so Prof. Dr. Thietje. Er kennt Patientinnen und Patienten, die über 80 Jahre alt und seit über 50 Jahren gelähmt sind. Anders verhält es sich mit Hochquerschnittgelähmten, den Tetraplegikern, die auch ihre Arme und Hände nicht bewegen können. Deren Lebenserwartung sei deutlich geringer.
Barrierefreie Welt gewünscht
Tatsache ist: Querschnittlähmungen lassen sich nicht heilen und ein Unfall kann jede:n treffen. „Umso wichtiger ist es, unsere Welt barrierefrei zu machen”, fordert Prof. Dr. Thietje. Das ist ihm ein besonderes Anliegen. Er engagiert sich nebenbei als Vizepräsident im Deutschen Behindertensportverband. „Sport bringt Querschnittgelähmte und andere Menschen näher zusammen“, sagt er. In den letzten Jahren habe sich glücklicherweise schon viel getan, dennoch müsse bei der Inklusion noch viel mehr passieren.
Experte für diesen Artikel:

PROF. DR. ROLAND THIETJE
Leiter des Querschnittgelähmten-Zentrums im BG Klinikum Hamburg
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