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Orthopädie
Rückenschmerz – Operation als einzige Option?
Der eine hat’s im Kreuz, die andere im Nacken. Fast ein Drittel der Deutschen leidet unter Rückenbeschwerden. Priv.-Doz. Dr. Martin Stangenberg, Chefarzt der Abteilung für Wirbelsäulen- und Neurochirurgie des Krankenhauses Tabea, hat aber gute Nachrichten: „Eine Operation ist in den seltensten Fällen nötig.“
Von Wiebe Bökemeier
Plötzlicher Rückenschmerz erschreckt uns. Und kann eine ganze Reihe von Sorgen verursachen. Kommt dann noch eine eingeschränkte Bewegungsfähigkeit hinzu, sieht man sich selbst schon auf dem OP-Tisch – und im schlimmsten Fall anschließend im Rollstuhl. Diese Ängste seien absolut verständlich, erklärt der Wirbelsäulenchirurg, sie seien aber fast immer unbegründet.
Es wird gar nicht so oft operiert
„Im Durchschnitt operieren wir nur eine:n von 50 Rückpatientinnen bzw. -patienten. 80 bis 90 Prozent aller Beschwerden ver- schwinden wieder – manchmal ganz von alleine, meistens mit Hilfe von Beratung, Bewegung und Sport. Auch die allerwenigsten Bandscheibenvorfälle müssen operiert werden.“ Und es gibt Menschen, die befürchten, bei einer OP könne ihr Rückenmark verletzt werden. Der Experte betont: „Sowohl die Narkose als auch die Operationsverfahren sind so ausgereift, dass es zum Glück äußerst selten ist, dass man durch die Operation Schaden anrichtet.“
Wann ist eine OP nötig?
Die gängigsten Rückenbeschwerden, die allesamt schmerzhaft sind und zu Operationen führen können, sind Verschleißerscheinungen. Der Experte erklärt: „Bei Bandscheibenvorfällen drückt der gelartige Kern der Bandscheibe auf die umliegenden Nerven, was zu neurologischen Symptomen führen kann. Ein Wirbelgleiten bezeichnet, dass sich ein Wirbelkörper nach vorne verschiebt, was ebenfalls Schmerzen verursachen kann. Spinalkanalstenosen sind Verengungen des Wirbelkanals, die Druck auf die Nerven erzeugen können, wohingegen eine Skoliose eine seitliche Verkrümmung der Wirbelsäule bezeichnet, die in schweren Fällen nur operativ begradigt werden kann.“ Bei all diesen Erkrankungen gilt: „Man operiert erst, wenn die konservative Therapie, also Schmerzmitteleinnahme, Physiotherapie etc., nicht mehr hilft oder beispielsweise Lähmungen auftreten.“ Ausnahmen sind akute Beschwerden: ein Bruch, der die Wirbelsäule instabil macht, akute Infektionen oder Tumoren. Hier kann eine OP oft langfristige Schäden verhindern.
Gut zu wissen: Operationen sind in nur sehr wenigen Fällen die einzige Lösung bei Rückenschmerzen. Oftmals können neben konservativen Behandlungsmethoden auch alternative Therapien wie Akupunktur eine effektive Option sein. „Eine ganzheitliche Herangehensweise, die auch Bewegung, Anpassung der Arbeitsbedingungen, Ernährung und Stressmanagement umfasst, trägt dazu bei, Rückenschmerzen zu reduzieren und langfristig vorzubeugen“, so Stangenberg.
In diesen Häusern gibt es eine Wirbelsäulenchirurgie:
• Agaplesion Bethesda Krankenhaus Bergedorf
• Agaplesion Diakonieklinikum Hamburg
• Albertinen Krankenhaus
• BG Klinikum Hamburg
• Evangelisches Amalie Sieveking Krankenhaus
• Facharztklinik Hamburg
• Kath. Marienkrankenhaus
• Krankenhaus Tabea
• Wilhelmsburger Krankenhaus Groß-Sand
Experte für diesen Artikel:
PD DR. MARTIN STANGENBERG
Chefarzt der Abteilung für Wirbelsäulen- und Neurochirurgie und Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie am Krankenhaus Tabea