Wenn nichts mehr geht


Wenn chirurgisch nichts mehr geht, kann meist doch noch etwas für den schwerkranken Menschen getan werden.
Palliativmedizin

Wenn nichts mehr geht

Niemand muss auf seinem letzten Weg leiden. Bei Tumoren im Magendarmtrakt etwa können Spezialisten mit der Endoskopie helfen – ganz ohne eine Operation.

In der Palliativmedizin geht es nicht um Heilung, sondern um Linderung und Schmerzfreiheit. Wer ständig erbrechen muss, weil er einen Darmverschluss hat, oder nicht mehr essen kann, weil ein Tumor die Speiseröhre versperrt, für den wird Dr. Ulrich Rosien aktiv. Der kommissarische Chefarzt der Medizinischen Klinik und Leiter des Viszeralonkologischen Zentrums (Gastroenterologie) am Israelitischen Krankenhaus Hamburg kann die Lebensqualität dieser Menschen verbessern.

Mithilfe der Endoskopie Leid lindern

Und was tut der Spezialist, wenn ein Tumor Gallengänge, eine Speiseröhre oder einen Verdauungstrakt verstopft? All diese Probleme lassen sich mit der Endoskopie behandeln. Der Laie kennt dieses Vorgehen etwa von einer Darmspiegelung, bei der Polypen im Dickdarm abgetragen werden können. Eine Therapie von Hohlorganen ist mit der Endoskopie somit möglich.

„Wenn Gallenflüssigkeit wegen eines Tumors nicht mehr abfließen kann, die Haut gelb ist, juckt und dazu Fieber auftritt, muss ich erst einmal für einen freien Gallenfluss sorgen, um den Tumor gezielt therapieren zu können“, erläutert der Chefarzt.

Den Tumor umgehen mit einem Stent

Mithilfe eines schlauchartigen Instruments, das eine Kamera und einen Arbeitskanal besitzt, wird ein Stent über Körperöffnungen wie den Mund oder den After eingeführt. Patient:innen spüren davon nichts, weil sie zuvor mittels Narkose in den Tiefschlaf versetzt werden. Der Eingriff dauert meist nicht länger als 30 Minuten und die Risiken sind gering: „Durch kleine Verletzungen treten mitunter Blutungen auf, aber das ist sehr selten“, betont der Experte. „Selbst wenn der übliche endoskopische Zugang zur Galle durch einen Tumor versperrt ist, kann ich vom Anfang des Zwölffingerdarms aus eine direkte Verbindung zu dem aufgestauten Gallengang herstellen. Die Sichtkontrolle des endoskopischen Ultraschalls ermöglicht es mir, in einem Schritt einen neuen Kanal zwischen Darm und Galle zu schaffen. Ein spezieller Metallstent sichert diese Verbindung wie eine Klammer“, erklärt Dr. Rosien.

Engen Tumore die Speiseröhre oder den Zwölffingerdarm ein, können sie durch Stents wieder eröffnet werden – Schluckbeschwerden und Erbrechen sind damit passé. Manchmal hilft es auch, eine Umgehung durch einen Stent zu schaffen. Die Palliativmedizin bietet viele Optionen.

Nützt der Eingriff dem Erkrankten?

Wird durch die Maßnahme eine Therapie ermöglicht oder wird eine Linderung für den letzten Lebensabschnitt erreicht? Das sind die zentralen Fragen für den Chefarzt Dr. Rosien, der dazu gleich betont: „Unser Palliativteam kümmert sich um den ganzen Menschen. Die letzten Tage sollten jedoch mit bestmöglicher palliativer Versorgung zu Hause oder in einem Hospiz verbracht werden.“

DR. ULRICH ROSIEN
Chefarzt der Medizinischen Klinik (kommissarisch) und Leiter des Viszeral-onkologischen Zentrums (Gastroenterologie) am Israelitischen Krankenhaus Hamburg

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