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Narkose
Eis, Eis, Baby!
Von Caroline de Boor
„Das schmeckt wie in meiner Kindheit“, hört Anika Brischke oft im Aufwachraum. Dort werden aus einem Mini-Gefrierschrank Wassereis an die Patientinnen und Patienten verteilt. Sie erinnert sich noch gut an eine junge Frau, die sich nach ihrer OP elendig übergeben musste. „Ich sagte zu ihr: ,Das ist wahrscheinlich das Letzte, woran Sie mit Ihrer Übelkeit und dem Erbrechen gerade denken, aber probieren Sie dieses Zitroneneis. Sie müssen es nicht aufessen. Es kann aber helfen’. Und tatsächlich ging es ihr kurz darauf viel besser.“
Woher kommt die Übelkeit?
Die postoperative Übelkeit ist eine häufige Nebenwirkung von OPs. Frauen, Nichtraucher:innen und Menschen, die unter Reiseübelkeit leiden, neigen eher dazu. Auch die Menge an verabreichten Opioiden spielt eine Rolle. Und je länger eine Operation dauert, umso mehr Schmerzmittel wird verabreicht.
Ein Eis – große Wirkung
Das Wassereis hilft dann, indem es die Schleimhäute befeuchtet und angenehm kühlt. „Es gibt sogar Studien, die die Wirksamkeit von Wassereis gegen postoperative Übelkeit belegen“, weiß Anika Brischke, die ihre Facharbeit zum Thema „Eis im Aufwachraum“ geschrieben hat. Und mit Cola, Orange, Himbeere, Zitrone und Kirsch hat auch der unangenehme Nachgeschmack ein Ende. Zitrone und Cola seien laut Fachpflegerin die Favoriten.
Weitere Medikamente unerwünscht
Zwar gebe es Medikamente, die sogenannten Antiemetika, die das Erbrechen verhindern sollen, aber: „Viele Menschen wollen nicht noch mehr Arzneimittel zu sich nehmen, gerade wenn sie aus einer Narkose kommen. Ein Wassereis ist eine einfache Alternative und gibt ihnen ein wenig Kontrolle über ihre Behandlung.“ Und zudem habe sich die Patientenzufriedenheit im Aufwachraum spürbar verbessert. Ein positiver Nebeneffekt!
Süße Stärkung
Dem Eisgenuss sind keine Grenzen gesetzt: Wer mehr mag, bekommt auch mehr. Auch im Kreißsaal verteilt Anika Brischke das kühle Gegenmittel an Frauen, die einen Kaiserschnitt oder eine Periduralanästhesie (eine Betäubung nahe dem Rückenmark) hatten. Dann läuft sie runter in den Aufwachraum und holt die Wunschsorte für die Mamas – und für die Papas. „Man kann richtig schön beobachten, wie sie anschließend verschnaufen und Kräfte tanken können“, freut sich die (Eis-)Fachfrau. „Eis nach einer Narkose ist eine nicht-medikamentöse Alternative, die nur Vorteile bietet. Es macht Patientinnen und Patienten, als auch die Mitarbeitenden glücklicher.“
Expertin für diesen Artikel:
ANIKA BRISCHKE
Fachpflegerin für Anästhesiepflege im Agaplesion Diakonieklinikum Hamburg