Foto: Iryn
Titelthema Adipositas
Ernährungsberatung – ohne Vorträge und Nährwerttabellen
Von Ralf Elfering
Denn diese sind besonders von Übergewicht und Adipositas betroffen. Bei Adipositas liegt der Wert etwa um 20 Prozent höher als im Durchschnitt der Bevölkerung. Damit sind sie in besonderem Maße von Folgerisiken wie Bluthochdruck, schmerzhaften Gelenken oder Diabetes Mellitus Typ II betroffen.
Frau Nowag, warum sind Menschen mit Behinderungen häufig betroffen?
Zum einen können Medikamente, zum Beispiel Antiepileptika, eine Gewichtszunahme verursachen. Zum anderen stellen wir fest, dass diese Menschen sich häufig schon als Kind weniger bewegen. Das betrifft alle Arten von Behinderungen und ist ein zentraler Punkt bei der Entstehung von Übergewicht. Bewegungsmangel in der Kindheit ist oft eine Weichenstellung für das weitere Leben. Betroffene Eltern haben so viele Dinge um die Ohren, dass oft schlichtweg die Kraft fehlt, auch noch Sport zu organisieren. Zumal es schwierig ist, passende und wohnortnahe Angebote zu finden.
Gibt es weitere Faktoren, die eine Rolle spielen?
Ja, wir sehen, dass der Wechsel von stark betreuten Wohnformen in das ambulante System ein kritischer Punkt sein kann. Denn plötzlich muss selbst eingekauft und gekocht werden. Ohne ein Grundwissen zur Ernährung ist es jedoch schwierig, zu einer ausgewogenen Ernährung zu kommen. In Verbindung mit einem Bewegungsmangel wächst so die Gefahr von Übergewicht.
Wie sieht eine Ernährungsberatung aus?
Bei Menschen mit kognitiven Einschränkungen sprechen wir ganz alltagspraktisch und in leichter Sprache über Ernährung. Neues Verhalten muss erlernt und trainiert werden. Wir arbeiten über das Vormachen und die Entwicklung von Routinen – weniger über Vorträge und Nährwerttabellen. Bei vielen ist Essen gleichgesetzt mit Entspannung und Belohnung. Dann wird es schwieriger. Schließlich liegt es in der Natur der Sache, dass wir von Belohnungen nie genug bekommen.
Gilt das nicht für uns alle?
Ja, aber Menschen mit Behinderungen haben oft mehr Widrigkeiten zu meistern und somit häufig auch ein größeres Bedürfnis nach Belohnung. Da kann Essen eine Kompensation darstellen, zur Stressbewältigung beitragen oder soziale Lücken füllen, wenn jemand wenig Kontakte hat. Da ist es wichtig, unseren Patientinnen und Patienten den emotionalen Stellenwert der Ernährung bewusst zu machen und mit ihnen gemeinsam Alternativen zu entwickeln.
Fitness und Essen zum Abnehmen
Margarete Nowag bietet eine Beratungsgruppe für Interessierte an:
WO? Sengelmann Institut für Medizin und Inklusion,
Paul-Stritter-Weg 1,
22337 Hamburg
WANN? Freitags um 14.30 Uhr, einmal im Monat
Das Angebot ist kostenfrei.
Anmeldung und Termine unter 0157 74525636
Expertin für diesen Artikel:
MARGARETE NOWAG
Diplom-Oecotrophologin bei der Evangelischen Stiftung Alsterdorf