Eine alte Frau im Gespräch mit einer Ärztin.

Keine Therapie von der Stange

Foto: Pixel-Shot

Titelthema Fit im Alter

Keine Therapie von der Stange

Der Anteil älterer Menschen wird immer größer. Damit steigt auch der Bedarf an psychiatrischen und psychotherapeutischen Angeboten, die auf die speziellen Bedürfnisse von Alten und Hochbetagten zugeschnitten sind. Worauf kommt es dabei an?

Von Inga Kleine

Dazu sprachen wir mit Dr. Charlotte Ramb, Chefärztin Psychiatrie und Psychotherapie, und mit Olaf Mihm, Oberarzt Psychiatrie im höheren Lebensalter, beide am Evangelischen Krankenhaus Alsterdorf.

Mit was für Patientinnen und Patienten haben Sie es zu tun?

Charlotte Ramb: Wir behandeln auf der Station für Menschen in höherem Lebensalter Patientinnen und Patienten mit allen psychiatrischen Erkrankungen. Hierzu gehören auch Menschen mit Demenzen. Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf der psychiatrischen Behandlung von älteren Menschen mit Behinderungen. Und natürlich haben wir Patientinnen und Patienten, die multimorbide sind, das heißt unter zwei oder mehr chronischen Erkrankungen wie Diabetes, Bluthochdruck oder Arthrose gleichzeitig leiden und in der Folge in eine psychische Krise geraten.

Warum leiden so viele Menschen im höheren Lebensalter unter psychischen Krisen?

Olaf Mihm: Zu den Herausforderungen, die das Alter mit sich bringt, gehört auch die Veränderung der zur Verfügung stehenden Kompensationsstrategien. Jemandem, der sein Leben problemlos gemeistert hat, wird durch altersbedingte Veränderungen wie Krankheit, Gedächtnisverlust oder Verlust von Familienmitgliedern und Freunden sein Handwerkszeug genommen, um mit Belastungen klarzukommen. Die Folge ist ein Ohnmachts- und Hilflosigkeitserleben, das zum Beispiel in eine Depression führen kann.

Worauf kommt es bei der Behandlung alter Menschen an?

Olaf Mihm: Da es im Alter viel stärkere Verflechtungen zwischen körperlichen und psychischen Problemen gibt als bei jüngeren Menschen, ist eine interdisziplinäre Zusammenarbeit besonders wichtig. Bei uns auf der psychiatrischen Station gibt es neben der psychiatrischen Behandlung auch jede Woche eine internistische Visite, sodass wir die seelischen und die körperlichen Symptome gleichzeitig im Blick haben und den Menschen ganzheitlich behandeln können. Jede Therapie wird individuell zugeschnitten.

Charlotte Ramb: Und ebenso wichtig ist es, darauf zu achten, dass die verschiedenen Medikamente zusammenpassen und die Risiko-Nutzen-Bilanz für jeden einzelnen Menschen positiv ausfällt. Wir fragen uns immer: Verbessert die Einnahme eines bestimmten Medikaments die Lebensqualität?

Wie lautet Ihr Leitbild für das therapeutische Arbeiten?

Charlotte Ramb: Ein Grundsatz ist, dass Weiterentwicklung und Lernen bis ins höchste Alter möglich sind. Und wir legen großen Wert auf ein Maximum an Selbstbestimmung für ältere Menschen. Außerdem begreifen wir diesen Lebensabschnitt als einen sehr wichtigen, in dem sich neue Aufgaben stellen, und definieren das Alter nicht nur als Abbau, Verfall und Verlust. Das sind wesentliche Bestandteile unseres therapeutischen Arbeitens.

Folgende Krankenhäuser haben eine Abteilung für Gerontopsychiatrie:


Albertinen Krankenhaus
Evangelisches Krankenhaus Alsterdorf

Experten für diesen Artikel:

Dr. Charlotte Ramb, Chefärztin Psychiatrie und Psychotherapie am Evangelischen Krankenhaus Alsterdorf

DR. CHARLOTTE RAMB
Chefärztin Psychiatrie und Psychotherapie am Evangelischen  Krankenhaus Alsterdorf

 

Experten für diesen Artikel:

Olaf Mihm, Oberarzt Psychiatrie im höheren Lebensalter am Evangelischen Krankenhaus Alsterdorf

OLAF MIHM
Oberarzt Psychiatrie im höheren Lebensalter am Evangelischen Krankenhaus Alsterdorf


Fotos: Sascha Ornot Photography
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