Aktivierende Pflege statt Pflegefall
Niemand möchte nach einer akuten Erkrankung pflegebedürftig werden. Deshalb sollte die Rehabilitation so früh wie möglich beginnen. Für ältere Patienten kann das bedeuten: schon im Krankenhaus während der akut-stationären Behandlung – statt danach.
Eine Akuterkrankung wie eine Lungenentzündung ist seelisch und körperlich belastend. Das gilt besonders bei Patienten im höheren Alter mit Multimorbidität, also mehreren gleichzeitig bestehenden chronischen Krankheiten. „Wir sehen auch ältere Menschen, die eine Covid-19-Erkrankung durchgemacht haben. Die meisten sind sehr geschwächt. Wir helfen dabei, wieder auf die Beine zu kommen“, erklärt PD Dr. Christian Kügler, Chefarzt der Geriatrie und Inneren Medizin am Evangelischen Krankenhaus Alsterdorf.
Muskelverlust wie in 20 Jahren
Dr. Kügler weiter: „Nach schweren Akuterkrankungen stellt der Körper seinen gesamten Stoffwechsel um und baut zur Energiegewinnung zuerst Muskelmasse ab. Wenn der Patient zum Beispiel wegen einer schweren Lungenentzündung zwei bis drei Wochen im Bett liegt und sich nicht bewegt, verliert der Körper so viele Muskeln wie sonst in 20 Jahren. Da zählt jeder Tag, den der Patient wieder stehen, gehen, Treppen steigen und seine Muskeln benutzen kann.“
Geriatrische Frühreha: rechtzeitig aktiv werden, Selbstbestimmung wahren
Belastungsübungen während eines Aufenthalts sind Teil der sogenannten geriatrischen Frührehabilitation. Physiotherapeuten unterstützen die Patienten dabei, sich wieder sicher im Alltag bewegen zu können. Das ist für Patienten auch anstrengend, dient aber einem wichtigen Ziel: Selbstständigkeit zu erhalten. Denn werden Muskeln und Herz-Kreislaufsystem zu lange nicht beansprucht, kann das Pflegebedürftigkeit und Immobilität, also Unbeweglichkeit zur Folge haben.
Die Mühe lohnt sich: Mobilität bewahren
Während der stationären Behandlung ist die Aktivität nicht leicht. Deswegen gehören eigens ausgebildete Physio- und Ergotherapeuten zum Kern der geriatrischen Frühreha. Bei Bedarf werden Schmerztherapeuten hinzugezogen, damit der Patient sich entspannt bewegen kann und nicht vor Schmerz eine Schonhaltung einnimmt. Wichtig ist auch, dass Patienten und Angehörige für die aktivierende Pflege sensibilisiert werden. „Unsere Pflegekräfte unterstützen die Patienten dabei, sich möglichst selbständig zu bewegen“, sagt Dr. Kügler. „Die Patienten kooperieren gerne, damit auch der Alltag zuhause allein wieder gelingt.“ Bei Bedarf kann die Behandlung nach einem Klinikaufenthalt noch in der Tagesklinik fortgesetzt werden.
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Beitragsbild: © Kirsten Petersen