gute besserung! | Inkontinenz | Beckenboden | Beckenbodentraining

ENDLICH WIEDER GANZ DICHT

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gute besserung! | Inkontinenz | Beckenboden | Beckenbodentraining

Sie ist unangenehm und schränkt den Alltag für betroffene Frauen massiv ein: Inkontinenz. Trotzdem leiden sie oft still und behelfen sich selbst. Ein frühzeitiger Gang zum/zur Arzt/Ärztin erspart einen langen Leidensweg.

Bei Inkontinenz sind Blase oder Darm nicht mehr in der Lage richtig dicht zu halten. Besonders Frauen sind davon betroffen. „Der Beckenboden, der wie ein Netz die Organe im Bauchraum hält, wird bei Frauen durch Schwangerschaften und Geburten besonders belastet. Häufig kommt mit zunehmendem Alter noch eine Bindegewebsschwäche dazu“, erklärt Dr. Stephany Ostermann, Oberärztin am Beckenbodenzentrum des Agaplesion Diakonieklinikum Hamburg (DKH). Die Folge: Die Blase und Harnröhre werden nicht mehr ausreichend gestützt und verlieren ungewollt Harn. In Bezug auf eine Stuhlinkontinenz spielen vor allem Geburtstraumata eine Rolle, ergänzt PD Dr. Dr. Johannes Roblick, Chefarzt der Klinik für Allgemein, Viszeral- und Minimalinvasive Chirurgie des DKH: „Muss während einer Geburt ein besonders tiefer Dammschnitt gemacht werden oder kommt es zum Dammriss nahe des Schließmuskels, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass dabei auch der Schließmuskel verletzt werden kann. Wird dieser anschließend nicht wieder richtig rekonstruiert, führt dies später häufig dazu, dass die Patientin inkontinent wird.“

MUTIG SEIN: INKONTINENZ IST KEIN TABUTHEMA

Betroffene sind zwar mit ihrem Leiden nicht alleine, dennoch versuchen sie häufig, eigene Strategien zu entwickeln, um zurecht zu kommen. „Für viele ist Inkontinenz nach wie vor ein Tabuthema“, sind sich Dr. Ostermann und Dr. Roblick einig. „Wir ermutigen alle Betroffenen, sich ein Herz zu fassen und das Thema beim/bei der Hausarzt/Hausärztin oder Gynäkolog:in anzusprechen.“ Diese:r kann die Anamnese und Basis-Untersuchungen entweder selbst durchführen oder an eine:n Spezialist:in oder ein Beckenbodenzentrum wie das am DKH verweisen. Die gute Nachricht: In den meisten Fällen lässt sich sowohl Harn- als auch Stuhlinkontinenz gut behandeln.

VIELFÄLTIGE THERAPIE-MÖGLICHKEITEN 

Von Beckenbodentraining über Stuhlregulation und Pessare bis hin zu operativen Eingriffen: Durch die vielen Möglichkeiten kann für jede Patientin die passende Therapie gefunden werden. Bei Stuhlinkontinenz sei die Behandlung beispielsweise stufenförmig aufgebaut, erklärt Dr. Roblick: „Erster Schritt dabei ist eine Stuhlregulierung mit indischen Flohsamenschalen oder Medikamenten und viel trinken. So wollen wir eine möglichst gleichbleibende, mittelfeste Stuhlkonsistenz erreichen, die gut zu halten ist. Unterstützt wird dies durch ein spezielles Schließmuskeltraining.“ Der Erfolg des Trainings wird nach sechs Monaten ausgewertet. Verbessert sich die Situation nicht oder besteht ein großer Defekt, gibt es noch operative Möglichkeiten. „Wir können den Schließmuskel chirurgisch wieder aufbauen. Alternativ lässt sich an den sakralen Nerven ein Schrittmacher einsetzen, den die Patientin ein und ausschalten kann“, führt der Chirurg aus. Als allerletzte Option bleibt noch ein künstlicher Darmausgang. „Das versuchen wir aber möglichst zu vermeiden.“ 

BECKENBODENTRAINING MUSS SEIN

Bei Harninkontinenz sind die Therapieansätze noch vielfältiger. „Uns stehen ganz viele Mosaiksteine zur Wahl, aus denen wir individuell auf die Patientin abgestimmt eine Therapie zusammenbauen können“, so Dr. Ostermann. Beckenbodentraining sollte möglichst immer ein Bestandteil sein. Konservativ stehen zusätzlich Toilettentraining oder ein Pessar, eine Stütze für den Beckenboden, zur Verfügung. Operativ gibt es verschiedene, meist minimalinvasive Behandlungen: „Wir können Blase und Harnröhre beispielsweise mit Bändchen unterstützen oder stabilisierend unterspritzen“, spezifiziert die Gynäkologin. Neu ist zudem eine Laserbehandlung der Scheide. „Dabei wird eine Lasersonde in die Vagina eingeführt und die Strahlen über Spiegel abgelenkt. Diese durchdringen die Scheidenwand und setzen damit eine regelrechte Kaskade an Selbstheilungsprozessen in Gang“, erläutert Dr. Ostermann. Unter anderem wird die Bildung von neuem Bindegewebe angeregt, das wiederum den gesamten Beckenboden stabilisiert. Aufgrund der Neuartigkeit wird diese Behandlung aktuell von den gesetzlichen Krankenkassen noch nicht übernommen. 

BEHANDLUNGSERFOLGE NICHT VON HEUTE AUF MORGEN

Beide Expert:innen machen jedoch deutlich, dass sich Behandlungserfolge nicht sofort einstellen. „Der Muskelaufbau braucht seine Zeit“, so Dr. Roblick. Zudem sei beim Beckenbodentraining der Faktor des Bindegewebes einzurechnen, ergänzt Dr. Ostermann: „Der Muskel kann noch so gut trainiert sein – wenn das Bindegewebe schwach ist, bringt das nichts.“ Nach operativen Eingriffen müssen sich Patientinnen auf eine gewisse Heilungsdauer einstellen. „Eine umfassende Aufklärung inklusive eines Realitätschecks der Erfolgsaussichten und Behandlungsdauer ist deswegen das A und O“, resümieren die Ärzt:innen des DKH.

Beckenboden-Übungen für den Alltag, 5 - 10 Wiederholungen 
- Spannen sie den Beckenboden im Sitzen oder Stehen für mehrere Sekunden fest an und wieder loslassen. Ziehen Sie dafür Harnröhre und Schließmuskel fest zusammen. Das geht ganz unauffällig – im Bus, im Supermarkt oder am Schreibtisch. 

- Pilates-Schmetterling: Legen Sie sich auf den Rücken und stellen die Füße aneinander. Die Fersen gehen dabei Richtung Körper, die Knie kippen nach außen. Beim Ausatmen ziehen Sie den Nabel ein, spannen den Beckenboden an und drücken das Becken hoch. 

- Brücke bauen: Legen Sie sich mit den Rücken auf den Boden, die Beine angestellt. Drücken Sie ihre Fersen in den Boden und spannen Sie den Beckenboden an. Mit der Ausatmung heben Sie das Becken so weit an, bis der Oberkörper und Oberschenkel eine gerade Linie bilden. Halten Sie die Spannung für mehrere Sekunden und atmen dabei unbedingt weiter. Dann das Becken langsam wieder absenken und den Beckenboden entspannen. 

- In alle Richtungen leuchten: Setzen Sie sich mit geradem Rücken in den Schneidersitz. Stellen Sie sich vor, dass ihre Sitzbeinhöcker zwei Taschenlampen sind. Spannen Sie den Beckenboden mit der Ausatmung an und bewegen Sie die imaginären Lichtstrahlen so weit wie möglich nach vorne. Halten Sie die Spannung einige Sekunden und entspannen dann wieder. Anschließend lassen Sie die Sitzbeinhöcker nach hinten, nach rechts und nach links wandern.

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Beitragsbild: © molotoka/shutterstock

 
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